Landleben und was dazugehört

Ohne Heizung, ohne Strom, ohne Kanalisation

Ich habe bereits in Lauffeuer, Hybrid-Autos und Recycling über die Infrastrukturunterschiede zwischen meiner Heimat in Deutschland und der Landbevölkerung Kanadas berichtet. Hier in den Rocky Mountains ist die Lage ähnlich, aber auch anders als in der Prärie. Gelegentliche Stromausfälle sind auch hier keine Seltenheit, sondern eher eine (nervige) Alltäglichkeit, besonders wenn es im Winter so schnell dunkel wird. Und auch auf Seven Pines gibt es statt eines Anschlusses an die Kanalisation einen unterirdischen Klärbehälter hinter dem Haus - weswegen wir über diesen Teil des Geländes nicht mit einem Traktor fahren dürfen, da das Gewicht und die Bodenvibrationen Behälter und Rohre beschädigen können.

Aber der wahrscheinlich größte Unterschied, den ich hier zu Deutschland festgestellt habe, ist das komplette Fehlen einer Heizung im Haus. Stattdessen wird ausschließlich mit Feuerholz geheizt, das wir natürlich selber herstellen - oft aus den Bäumen, die das Jahr über, von Wind und Alter zermürbt, umstürzen. Und auch, wenn Holz hacken mit einer großen Axt Spaß macht, bin ich froh, dass wir einen hydraulischen Holzspalter haben, der uns bei nassen, weichen und sehr großen Stücken die Arbeit erleichtert. Die Axt kommt tatsächlich nur sehr selten zum Einsatz.

Fleischlieferant Hof und Wald

(Anmerkung: Der nachfolgende Abschnitt ist vielleicht nichts für Vegetarier.)

Wenn man in Deutschland Fleisch haben möchte, geht man einfach in den nächsten Laden und kauft es. Skandale wegen schlechten Bedingungen bei der Tierhaltung oder später bei der Verarbeitung in einem großen Fleischbetrieb stehen mittlerweile fast an der Tagesordnung. Die Einführung von Herkunftskennzeichnungen, um gegen die Verbreitung von Billigfleisch vorzugehen, ist ein kleiner Schritt, um Moral und Selbstkontrolle in eine stark kommerzialisierte Branche zu bringen.

Hier in Kanada sitze ich an der Quelle dieser Branche - oder der kanadischen Variante davon. Auf den Ranches werden vorwiegend Rinder gezüchtet, die später zur Fleischproduktion geschlachtet werden. Aber anders als bei der Massentierhaltung in Deutschland leben diese Rinder das ganze Jahr über frei auf ihrer Weide, ziehen ihre Kälber selber groß und können das Leben unter der Sonne genießen.

Das Fleisch in unseren Kühltruhen hier stammt fast ausschließlich von lokalen Tieren - auf La Reata kamen Hack und Steak von den eigenen Longhorns, hier auf Seven Pines hatten wir zu Thanksgiving einen Schinken der westlichen Nachbarn (bei denen ich schon geholfen habe, Abwasserrohre zu verlegen), die Schweine zur Fleischproduktion züchten, und unser Ex-Nachbar hält nicht nur Geflügel, sondern geht auch jagen.

Da mich diese unabhängige Lebensart fasziniert, hat besagter Nachbar mir eine offene Einladung gegeben, ihm zu helfen, wann immer er etwas Neues zu Zerlegen hat, und Leah und John lassen mich diesem Interesse schmunzelnd nachgehen. So habe ich bereits beim Schlachten, Rupfen, Häuten und Verarbeiten von seinen Gänsen geholfen (und als Dank eine geräucherte Gänsebrust dieser Gänse erhalten) und beim Häuten eines Pumas.

Eines Pumas? - Ja, eines Pumas. (Wenn ihr ein Bild haben wollt, schreibt mich an.)

Pumas, ebenso Wölfe, Bären und viele andere Wildtiere, können in Kanada unter strengen Auflagen bejagt werden. Die Jagd auf Wildtiere in Kanada wird über das Nordamerikanische Modell der Wildtier-Erhaltung (PDF nur in Englisch) organisiert, das kommerzielle Jagd verbietet, und pro Jäger nur sehr begrenzte Zahlen an Abschüssen erlaubt. Viele Rancher und Landbewohner haben eine Jagderlaubnis, und so sind Bärenschinken und Elchsteak in privaten Haushalten - wenn auch kein häufiger, so doch wenigstens kein ungewöhnlicher Anblick.

Aktuell versorge ich unseren Ex-Nachbarn mit Hundehaufen unseres männlichen Wolfshunds, für seine Wolfsfallen. Vielleicht habe ich schon bald die Gelegenheit, beim Häuten eines Wolfs helfen - auch wenn man ihr Fleisch, anders als das von Pumas und Bären, nicht ohne Weiteres essen kann.

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