Der Weg zum eigenen Auto

Fahrzeuge und Ersatzteilträger

Kanada hat, anders als Deutschland, keinen TÜV, der die Fahrtüchtigkeit von Fahrzeugen kontrolliert und deren Vorgaben man Folge leisten muss, um eine Fahrerlaubnis für ein Fahrzeug zu erhalten. Stattdessen geht die Mentalität der Kanadier - besonders auf dem Land - eher in die Richtung, dass kleine Probleme an Fahrzeugen selbst repariert werden, und bei großen Problemen das Fahrzeug einfach aufgegeben wird.

So kommt es, dass man neben einem oder zwei fahrtüchtigen Autos und Trucks nochmal dieselbe Anzahl an kaputten Fahrzeugen im Hof stehen hat, aus denen nach Bedarf Ersatzteile ausgebaut werden - denn auch wenn ein Wagen nicht mehr startet, bedeutet das doch nicht, dass alle Elektronik oder Technik im Fahrzeug unbrauchbar geworden ist.

Es ist auch nichts Ungewöhnliches, kaputte Fahrzeuge desselben Modells aufzukaufen, um einem zuverlässigen Fahrzeug eine längere Lebenszeit zu verschaffen - oder Fahrzeuge für wenig Geld im Netz zu finden, die aufgrund von Rost, kleineren Macken und Fehlern in Deutschland wahrscheinlich schon beim Schrott gelandet wären.

Versicherung, Führerschein, Auto

Mit dem Einkommen, das ich durch das Flagging erhalten habe, verstärkte sich auch langsam der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit in Kanada. Denn ohne ein eigenes Fahrzeug sitzt man auf dem Land fest. Man ist auf andere Personen angewiesen, die einen herumkutschieren, oder muss hoffen, eines der Fahrzeuge der Ranch ausleihen zu dürfen - und ohne einen kanadischen Führerschein darf man ein Fahrzeug nur eine begrenzte Anzahl an Tagen fahren, ehe eine Änderung in der Versicherung des Halters verlangt wird. Und wenn man mit einem internationalen Führerschein ein Auto kaufen und versichern möchte, zahlt man etwa viermal so viel wie mit einem Führerschein, der in Kanada ausgestellt wurde.

So war mein erster Schritt, ganz unabhängig davon, ob ich am Ende ein Auto haben würde oder nicht, meinen deutschen Führerschein gegen einen in Kanada ausgestellten Führerschein einzutauschen. Das war erfreulich einfach - ich ging zum lokalen ICBC-Büro (Insurance Corporation of British Columbia/Versicherungsgesellschaft von British Columbia), mit meinem deutschen Führerschein, der internationalen Erweiterung und etwas über dreißig Dollar, beantwortete einige Fragen zu kanadischen Straßenregeln, machte einen Augentest und ein Führerscheinfoto und unterschrieb ein paar Formulare. Danach überreichte mir die Angestellte einen vorläufigen Papierführerschein, und der richtige Führerschein in Kartenform kam etwa zwei Wochen später in der Post an.

Das alles dauerte etwas über einer halben Stunde.

Das Finden eines passenden Autos hingegen, deutlich länger.

In Kanada ist das Handeln über Online-Kleinanzeigen Gang und Gäbe - die größten Portale, auf denen man fast alles findet, sind Kijiji und der Facebook Marktplatz. Natürlich gibt es auch noch spezialisierte Seiten für Produktanzeigen, wie z.B. autotrader.ca, aber die größere Auswahl, und oft auch die günstigeren Angebote, findet man auf den beiden zuerst genannten Portalen.

Mit meinen Plänen im Hinterkopf schaute ich beim Autokauf natürlich nach gewissen Spezifikationen, die ich in einem Auto haben wollte. Ich kontrollierte alle paar Tage Kijiji und Facebook, mit entsprechenden Filtern, ob ein Auto nach meinem Geschmack in der Nähe zum Verkauf aufgetaucht war. John war dabei eine große Hilfe, da er sich sehr gut mit Autos auskennt und mir stets mit gutem Rat zur Seite stand, wenn ich auf ein Fahrzeug gestoßen war, das mir interessant vorkam.

Und schließlich war er es auch, der zufällig über die Anzeige eines Toyota Minivans von 2001 stolperte, der für mich in Frage käme.

Wir kontaktierten schnell der Verkäufer und fuhren zwei Tage darauf nach Prince George, einerseits um einzukaufen, andererseits, damit ich mir den Wagen mal anschauen und testfahren konnte. Und dann hab ich mich prompt in den Van verliebt und ihn gekauft.

Der Besitzerwechsel war denkbar einfach - wir fuhren mit dem Verkäufer zur Versicherungsstelle, sie unterschrieben einen Zettel, der das Fahrzeug mir überschrieb, und ich regelte die Versicherungsdetails mit der Versicherung und bekam dann meine Nummernschilder. Und dann durfte ich meinen Wagen einfach nach Hause fahren.

Und nun bin ich stolzer Besitzer eines Minivans, der mich auf meinen Reisen durch das Land begleiten wird - und den ich liebevoll “Lenny” getauft habe, denn jedes richtige Roadtrip-Fahrzeug in Kanada braucht einen Namen. Das gehört sich einfach so.

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