Die Sprache des Highways
Trip nach Kamloops, die Zweite
Zusammen mit John brachte ich vor einiger Zeit die Boston Boxer Welpen nach Kamloops, um sie an ihre neuen Besitzer zu übergeben. Und wie das für kanadische Landbewohner so üblich ist, nutzten wir die Chance natürlich auch, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen.
Aber dieser Trip hielt noch mehr für mich bereit - denn John wollte wissen, wie souverän und selbstsicher ich mich beim Autofahren anstelle, und hat mir deswegen für die Rückfahrt das Steuer überlassen.
Autofahren an sich ist keine große Sache mehr für mich, einen Führerschein habe ich seit nunmehr sechs Jahren. Aber Autofahren auf kanadischen Highways im Winter? Das ist nochmal etwas ganz anderes.
Kanadische Straßenverhältnisse
Es hatte die Tage vorher geschneit, und die Straßen waren morgens noch nicht enteist und geräumt gewesen, allerdings (dankenswerterweise) mehr oder weniger trocken und eisfrei auf der Rückfahrt. Dennoch gab es viele kleine Dinge, die auf kanadischen Straßen einfach anders sind als in Deutschland, und auch wenn die Straße eisfrei aussah, konnte ich mir natürlich nicht sicher sein, ob das hinter der nächsten Kurve nicht anders aussehen würde.
Ich bin nicht der erste Workawayer, den John ins Highway-Fahren einweist. Wer auf der Ranch Fahrzeuge auf dem Highway fahren möchte, wird von John auf die Probe gestellt, und nur nach Johns Freigabe kann man mit Auto oder Truck für die Familie die Post abholen oder Snacks kaufen gehen. So kennt John natürlich auch die häufigen Probleme, auf die Helfer aus Ländern mit weniger komplizierten Straßenverhältnissen regelmäßig stoßen.
Er nahm sich die Zeit - schon auf der Hinfahrt - mir Dinge zu erklären, auf die ich achten sollte. Man kann eine eisige Passage zum Beispiel daran erkennen, dass vom entgegenkommenden Verkehr nichts mehr von den Reifen hochspritzt, obwohl die Straße nass aussieht. Außerdem können sich Straßentemperaturen abhängig vom umgebenden Terrain stark unterscheiden - auf einer sonnigen Hügelkuppe ist die Straße wärmer als zwischen hohen Bäumen auf der Nordseite des Tals. Daher sollte man immer ein Auge auf das Thermometer haben, um auf überraschende Temperaturwechsel vorbereitet zu sein.
(Geheime) Highway-Kommunikation
Doch neben den Hinweisen über die Straßenbeschaffenheit gab John mir noch eine weitere Lektion - die kanadische Art, mit anderen Fahrern auf dem Highway zu kommunizieren.
Als Autofahrer hat man Zugang zu einem wichtigen Kommunikationsmittel - den Lichtern. Mit Warnblinkern teilt man herannahenden Fahrzeugen hinter einem mit, dass man selbst langsamer unterwegs ist und überholt werden kann. Mit der Lichthupe informiert man entgegenkommenden Verkehr über Wildtiere auf der Fahrbahn oder andere Gefahren, für die es sich lohnt, langsamer und umsichtiger zu fahren. Und wenn ein LKW, oder Fahrzeug mit Anhänger, einen selbst überholt, kann man mit der Lichthupe signalisieren, wenn sie einen passiert haben und gefahrlos wieder auf die eigene Fahrbahn wechseln können.
Gerade LKW-Fahrer bedanken sich dann gerne mit einem kleinen Antwortlichtspiel ihrerseits.
All diese kleinen Gesten erinnern mich ans Motorradfahren, und wie man sich mit einer kurzen Handgeste begrüßt, wenn ein anderer Motorradfahrer entgegenkommt. Sie zeigen, dass man als Fahrer nicht alleine ist, und in gewisser Weise im ständigen Kontakt mit allen anderen Fahrzeugen steht.
Ich durfte den gesamten Rückweg über Fahrer spielen, und auch wenn ich nach den knapp fünf Stunden Fahrt wirklich erschöpft war, habe ich mich doch großartig gefühlt - über all das neue Wissen und das Erfolgsgefühl, die gesamte Strecke geschafft zu haben.
John hat mich am nächsten Morgen dann direkt wieder als Fahrer genutzt, um den letzten Welpen nach Blue River zu bringen. Das war Gutheißung meiner Fahrfähigkeiten genug.
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