Der Weg zum International Experience Canada Visum
Mein Wunsch, nach Kanada zu gehen, um dort herumzureisen und zu arbeiten, ist bereits früh in meinem Aufenthalt in Ungarn entstanden - und ich hatte darüber auch schon in meinem Post über den Tagestrip nach Wien berichtet.
Nun, da ich erfolgreich in Kanada angekommen bin, möchte ich etwas mehr ins Detail gehen, was ich dafür alles vorbereitet und durchgeführt habe.
Denn ich denke, eine Sache die viele junge Reisende von großen Touren wie meiner abhält ist die Ehrfurcht vor dem Aufwand, an ein Visum zu kommen. Dabei ist das alles halb so schlimm wie es auf den ersten Blick aussieht.
Möglichkeiten der International Experience Canada
Die International Experience Canada (kurz IEC) ist Kanadas Programm für junge Work & Traveller, das mit wenig Aufwand verschiedene Visa zur Verfügung stellt, auf die man sich bewerben kann - darunter das Young Professionals Programm, die Internationale Co-op Initiative für Praktika und eben die Working Holiday, an der ich teilnehme.
Die Website der kanadischen Regierung bzw. der kanadischen Immigrationsbehörde bietet hierbei schon eine gute Übersicht und Filtermöglichkeiten an, mit denen man mit wenigen Klicks kontrollieren kann, welche Möglichkeiten für das eigene Heimatland angeboten werden (denn nicht alle Länder haben einen Visa-Pool für alle drei Programme). Das ist der erste Schritt um herauszufinden, ob man überhaupt an der IEC teilnehmen kann.
Ist das gewünschte Visum verfügbar, sollte man vor Beginn des Bewerbungsprozesses auf das Visum so viele notwendige Dokumente vorbereiten wie nur möglich. Denn wenn man die Einladung zur Bewerbung erst einmal erhalten hat, wird jeder weitere Schritt von einer Deadline begrenzt.
Vorbereitung der benötigten Dokumente
Dokumente, die man für die Bewerbung benötigt, sind:
- Polizeiliche Führungszeugnisse von jedem Land, in dem man mehr als sechs Monate gelebt hat
- Kopie von Pass und Personalausweis
- Biometrisches Passbild
- Dokumente über den familiären Hintergrund
- Lebenslauf
Abgesehen von den Dokumenten über den familiären Hintergrund (was eigentlich nur Informationen über Familienstand und beruflichen Hintergrund der Eltern bedeutet), bei denen die Vorlage in der Bewerbung zur Verfügung gestellt wird, kann der Rest schon vor Beginn der Bewerbung vorbereitet werden.
Das Zeitaufwendigste sind wahrscheinlich die Führungszeugnisse, besonders wenn man, so wie ich, in mehr als einem Land gelebt hat. Wenn man sich unsicher ist, wie man am besten an ein Führungszeugnis kommt, ist das Einfachste wahrscheinlich, einfach online nach dem Prozess zu suchen. Beantragt man ein Führungszeugnis für ein Land, in dem man sich nicht aktuell aufhält, muss man (zumindest für Deutschland) das Konsulat oder die Botschaft des entsprechenden Landes besuchen, um die eigenen Daten bestätigt zu bekommen.
Während des Bewerbungsprozesses ist es genug, wenn man am Anfang einen Nachweis hat, dass man die Führungszeugnisse beantragt hat, aber man bekommt das Visum nicht ausgehändigt, bis man die Führungszeugnisse vorgewiesen hat. Und da Kanada Englisch und Französisch als Landessprache hat, müssen die Führungszeugnisse zusätzlich mit einer beglaubigten Übersetzung in eine dieser beiden Sprachen bereitgestellt werden.
Beglaubigte Übersetzung bedeutet, dass sie nicht von einem selbst durchgeführt werden darf, und dass ein - vorzugsweise kanadischer Notar - die Korrektheit der Übersetzung bestätigt. Es gibt einige Übersetzerbüros in Kanada, die sich auf Immigrations-Dokumente spezialisiert haben, und beglaubigte Kopien der Übersetzung sowohl per E-mail als auch postalisch an den Auftraggeber senden. Ich selbst habe meine Führungszeugnisse damals von Docbase Canada übersetzen lassen - wenn ich mich recht erinnere, wurde diese Organisation mir während der Bewerbung als Übersetzerbüro vorgeschlagen.
Einen aktuellen Lebenslauf sollte man sowieso zur Hand haben, und den Lebenslauf kann man auch selber ins Englische übersetzen, wenn man seinen eigenen Englischkenntnissen genug vertraut.
Der Bewerbungsprozess für das Visum
Hat man alle Dokumente soweit zusammen, kann man mit gutem Gewissen den Bewerbungsprozess starten. Das heißt zuerst, den eigenen Namen in den Pool eintragen, aus dem die Einladungen versendet werden - der Pool ist die Gesamtzahl an Visa, die Kanada dem eigenen Land zur Verfügung stellt (als ich mich darauf beworben habe, waren es 4000 Working Holiday Visa für Deutschland). Hier heißt es, die Auswahl ist zufällig und wer sich früher im Jahr einträgt (der Pool wird zwischen November und Dezember erneuert) hat eine größere Chance, eine Einladung zu erhalten.
Ich hatte mich im Januar eingetragen und circa eine Woche danach die Einladung zur Bewerbung erhalten.
Erhält man die Einladung, hat man zehn Tage, sie zu akzeptieren, dann zwanzig Tage, um die benötigten Dokumente hochzuladen. Sind alle Dokuemtente hochgeladen und die Bewerbung abgeschickt, muss man die Visum-Gebühren bezahlen (zwischen 230-330 CAD, muss mit Kreditkarte bezahlt werden). Darin inklusive sind in der Regel auch schon die Gebühren für die biometrischen Daten, die man persönlich in einer Botschaft aufnehmen lassen muss. In Deutschland sind Berlin und Düsseldorf die Kanadischen Botschaften bzw. Konsulate, in denen man die Daten aufgeben kann, wobei für einige Regionen die Botschaft in Wien wahrscheinlich näher ist.
Man hat dreißig Tage, um eine der Botschaften zu besuchen und die biometrischen Daten aufnehmen zu lassen. Und dann heißt es einfach Abwarten und Tee trinken.
Hat man bei Absenden der Bewerbung nicht die Führungszeugnisse sondern nur die Beantragungsbestätigung eingesendet, wird man nun gefragt, die originalen und übersetzten Zeugnisse hochzuladen.
Und wenn alle Dokumente in Ordnung sind, dann bekommt man schließlich den Port-of-Entry-Brief, den man an der Kanadischen Grenze für ein IEC Visum vorzeigen kann.
Die kanadische Immigrationsbehörte hat dazu auch eine schöne Grafik erstellt, die die notwendigen Schritte und Deadlines kurz und übersichtlich aufzeigt: IEC Online Application Process
Fazit
Alles in allem hat mich der Bewerbungsprozess ca. 350-400€ gekostet - darin eingeschlossen habe ich neben den Gebühren für die Bewerbung und die biometrischen Daten auch die Reisekosten zu den Botschaften (Kanadische Botschaft Wien, Deutsche Botschaft Budapest) und die Beantragungs- und Übersetzungskosten für die Führungszeugnisse. Nicht eingeschlossen habe ich hierbei die Gebühr für workaway.info, was die Website für Work & Travellers wie mich ist - dort kann man Arbeitsplätze und Freiwilligenangebote im Ausland finden.
Der Bewerbungsprozess hat für mich von ca. Mitte Januar bis Anfang April gedauert, wobei ein nicht unerheblicher Teil davon die Wartezeit auf die Führungszeugnisse war, da ich diese teilweise erst nach Beginn der Bewerbung beantragt habe.
Ich weiß nicht, inwiefern sich der Prozess nun in Corona-Zeiten geändert hat, die Wartezeiten sind mit Sicherheit länger geworden und ich habe gehört, dass die Menge an herausgegebenen Visa wohl drastisch gesenkt wurde. Aber wenn ihr Interesse an Work & Travelling habt, und darüber nachdenkt, euch auf ein Visum zu bewerben - lasst euch nicht einschüchtern! Macht euch klar, was ihr alles benötigt, und dann zieht es durch. Der Aufwand ist es absolut wert.
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