Bärlauch, Ei und Ziegenmilch

Von Begegnungen und neuen Kontakten

Das Freiwilligen-Teehaus war von vorneherein als Treffpunkt gedacht, in dem man neue Bekanntschaften schließen kann, möglicherweise sogar mit Leuten, mit denen man normalerweise nicht in Kontakt kommt.

Dieses Begegnen trifft natürlich auch für mich zu - vielleicht sogar noch mehr als für die Ungarn, weil ich im Teehaus Leuten begegne, mit denen ich richtig kommunizieren kann.

Und so habe ich darüber auch eine Familie kennengelernt, die hier in Vereb eine kleine Ziegenherde hält - und mit dem Frühjahr auch einige Zicklein erwartet hat. Sie haben mich gefragt, ob ich nicht mal Lust hätte, die Zicklein zu besuchen und beim Melken zu helfen.

Dass ich noch nie ein Tier gemolken habe war nicht der einzige Grund, weswegen ich sofort zugesagt habe.

Sechs Uhr abends und sechs Uhr morgens

Es hat am Ende dann doch noch ein bisschen gedauert, ehe ich die Zeit hatte, mich dem Besitzer beim Melken anzuschließen, denn die Melkzeiten sind abends und morgens um sechs und an den meisten Tagen bin ich da entweder am Schlafen oder nicht im Dorf. Außerdem bezog sich die Original-Einladung auf das abendliche Melken, da es morgens ein wenig zeitkritisch sein kann.

Aber diesen Montag war es endlich soweit.

Kurz nach Sechs sammelt mich der Besitzer auf - er geht immer alleine zum Melken - und bringt mich ans andere Ende des Dorfes, wo sich die Ziegenherde befindet. Direkt daneben: Ein großes Laufgehege für Hühner, das ebenfalls der Familie gehört. Einer der Hähne ist nicht begeistert von meiner Anwesenheit und versucht mich mit aufgeplustertem Gefieder zu verscheuchen und wird kurzerhand in den Stall gesperrt.

Die Ziegen - neun an der Zahl, und mindestens zehn Zicklein - warten schon auf uns, sie mögen es zwar nicht unbedingt, gemolken zu werden, aber sie bekommen eine leckere Mais-Sonnenblumenkern-Getreide-Mineralienmischung und das ist ihnen dann doch wichtiger als der Inhalt ihrer Euter.

Der Besitzer erzählt und erklärt mir nebenbei verschiedene Dinge über Ziegen im allgemeinen und seine Ziegen im Speziellen. Sie mögen es zum Beispiel gar nicht, wenn man ihre Hörner anfasst und haben eine klare Rangordnung, die sogar beim Melken eingehalten wird - gemolken wird immer in Dreiergruppen, und diese Dreiergruppen sind bei jedem Melken dieselben.

Nach dem Melken bereiten wir alles noch für den nächsten Morgen vor und sammeln bei den Hühnern die Eier ein. Einige davon darf ich sogar selbst behalten.

Weil mir das Melken großen Spaß gemacht hat und der Abend wirklich interessant war, frage ich direkt, ob ich nochmal helfen darf, und werde mit einem Grinsen für den nächsten Morgen eingeladen.

So stehe ich also pünklich um 5:30 bereit, um beim morgendlichen Versorgen der Ziegen zu helfen, und die Arbeit geht viel schneller als noch am vorherigen Abend - jetzt, da ich direkt helfen kann, ohne angeleitet werden zu müssen. Wir arbeiten parallel an den Ziegen (wobei der Besitzer zwei Ziegen melkt in der Zeit, in der ich eine schaffe) und der große Milchbottich ist am Ende mehr als halb voll. Es sind bestimmt zehn Liter, wenn nicht mehr, an Milch zusammengekommen.

Nachdem Ziegen und Hühner auch gefüttert sind, machen wir uns wieder auf den Weg zurück, mit einem kleinen Zwischenstopp an einem der Felder, die der Familie gehören und auf dem sie versteckt ein bisschen Bärlauch haben. Ich darf mir auch ein bisschen nehmen und verspreche hoch und heilig, die Stelle niemand anderem zu verraten, weil Bärlauch bei den Ungarn sehr beliebt ist.

Kurz nach sieben am Morgen sind wir dann wieder zurück zu Hause, und ich bekomme noch eine Flasche der gerade gemolkenen Milch - zusammen mit den Eiern und dem Bärlauch kann ich mir daraus ein wirklich gutes Frühstück machen.

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